Köln: Erinnerungen in Postkarten

Die Westdeutsche Zeitung berichtet am 03. Juli 2025 über die neue Ausstellung „se seouvenir“ in der Artothek Köln.

Noch vor 20 oder 30 Jahren gehörten sie zum festen Bestandteil von Sommerurlauben und Schulausflügen. Postkarten an die Familie oder Freunde zu schreiben, war eine geliebte, manchmal auch eine etwas lästige Pflichtaufgabe, wie so manche kurz gehaltene Grußformel zeigt.

Von Stephan Eppinger

Manchmal waren die Urlaubsgrüße aber auch bis zum letzten Quadratmillimeter zugeschrieben und weckten Erinnerungen ans Briefeschreiben. Heute im digitalen Zeitalter wirkt das ziemlich nostalgisch und angestaubt. Kurze WhatsApp-Nachrichten mit aktuellen Bildern oder schnelle Posts und Videos in den sozialen Medien haben diese Funktion längst übernommen.

Mitten in der Kölner Altstadt, wo sich in Souvenirshops oder Kiosken noch vereinzelt Postkartenständer finden, hat die Kölner Künstlerin Katharina Jahnke diese althergebrachte Erinnerungskultur mit Postkarten und Souvenirkäufen in ihrer Ausstellung „se souvenir“ wieder zurückgeholt. So hat sie alte Postkarten gesammelt und in ihrem Atelier im Kunsthaus Rhenania archiviert. Sie dienten als Vorlagen für ihre Werkereihe „wiegehtesdirmirgehtesgut“.Aus den gefundenen, bereits geschriebenen Ansichtskarten entstanden Zeichnungen in Aquarelltechnik. „Beim Malen habe ich mich in die Personen, die die Karten geschrieben haben, hinein versetzt und habe nicht nur das Kartenmotiv, sondern auch die Schrift nachempfunden. So entsteht eine Nähe zum Absender, den ich in meinen Zeichnungen quasi porträtiere”, berichtet Jahnke.

Die Karten reichen vom kurzen Gruß von der Klassenfahrt bis zu prominenten Grüßen wie vom amerikanischen Schriftsteller Jack Kerouac, der Iggy Pop verschickt hat, oder seinem Kollegen Scott Fitzgerald, der sich selbst eine Karte geschrieben hat. Zu finden gibt es auf den Karten auch eingebaute Fehler, wenn zum Beispiel die Bildlegende auf der Schreibseite der Postkarte nicht mit dem Motiv vorne übereinstimmt.

Vor Ort befindet sich auch ein Ständer mit einer Kartenserie der Künstlerin mit Kölner Motiven, die sich die Besucher aussuchen können, um vielleicht die alte Kultur des Postkartenschreibens wiederzubeleben. Dazu passt auch die Rauminstallation „Leveling and Sharpening“, die an einen Kiosk erinnert und zudem mit „Form und Materie“ auch eine typische Fahne zur Seite gehängt wird. Die englischsprachigen Begriffe im Titel stammen übrigens aus der Gedächtnispsychologie.

Zu sehen ist zudem eine zweite Serie von Katharina Jahnke, die den Titel „Cologne“ trägt. Es sind Poster mit großformatigen Collagen mit Repliken der klassischen Sehenswürdigkeiten im bekannten Ansichtskartendesign oder mit Motiven aus Bildbänden zur Domstadt. Zu sehen ist die Kölner Architektur genauso wie die Adams Family inmitten der Heiligen Familie oder auch die bunten Kölner Papageien. Ergänzt werden die Collagen und Installationen auf der Empore durch sechs Keramikskulpturen in Form der in der Kölner Innenstadt allgegenwärtigen Tauben, die wirken, als ob sie mitten in der Ausstellung gerade eine kleine Flugpause einlegen würden.

Service: Katharina Jahnke: „se souvenir“, bis 23. August in der Kölner Artothek, Am Hof 50. Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 13 bis 19, samstags 13 bis 16 Uhr.“

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