Das Hamburger Obdachlosenmagazin „Hinz&Kuntz“ berichtet in seiner Juli-Ausgabe über die Kunstleihe Harburg.
Auszug: „Kunst für alle! Die „Kunstleihe Harburg“ verleiht Werke für drei Monate. Zu Hause kann man sie in Ruhe auf sich wirken lassen.
Bilder auf Staffeleien, Bilder an der Wand, Bilder im Regal. In Fächern oder aufeinandergestapelt. Fotos in Farbe oder Schwarz-Weiß, Gemälde, Holzschnitte. Auf Leinwand gespannt, einige gerahmt hinter Glas, stehen sie hier in der „Kunstleihe Harburg“, bereit zum Mitnehmen. In das eigene Wohnzimmer, die Küche oder den Flur. Oder in das eigene Geschäft. „Der Betreiber des Kiosks nebenan ist Fan des Graffitikünstlers Brozilla, der manchmal auf Leinwand malt“, erzählt Heiko Langanke, der Vorsitzende des Trägervereins. „Ein Bild von ihm hat er ausgeliehen und in seinem Laden aufgehängt, wo die Leute dann Kaffee trinken und darüber diskutieren.“ Das Bild stammt aus dem Jahr 2012, darauf zu sehen sind drei Köpfe, die nichts hören, sehen oder sagen. Mit dem Gesicht von Angela Merkel. Oben drüber steht „Armut?“.
Wir sind im Hochparterre einer hellen Ladenwohnung im Meyer-Viertel in Heimfeld. Dort können Kunstleihende an drei Tagen in der Woche oder nach telefonischer Anmeldung vorbeikommen. Und wer vorbeikommt, will meistens über Kunst reden. „Das ist für mich das Größte: Die Leute kommen rein und sagen: ‚Ich hab von Kunst ja keine Ahnung!‘ Und dann legen sie los und erzählen eine Viertelstunde über das Bild, das sie zu Hause hatten“, sagt Langanke. „Dieses Niedrigschwellige, ohne großen akademischen Kram, das funktioniert, um Leute an die Kunst heranzuführen. Auch bei jüngeren Leuten.“ 160 der 400 Exponate sind im Durchschnitt jeweils für drei Monate verliehen. „Die Kunstleihenden kommen meist aus Harburg, aber auch aus der HafenCity oder dem Landkreis Harburg in Niedersachsen. Mit den Kunstwerken gehen sie alle pfleglich um“, so Langanke. Bislang gab es keine nennenswerten Schäden, die zu ersetzen gewesen wären. Manchmal komme es aber vor, dass die Ausleihenden ein Werk anschließend kaufen wollen. Bei lebenden Kunstschaffenden gibt der Verein eine solche Anfrage weiter. „Wenn sie den Deal miteinander machen: wunderschön. Wir sind aber keine Galerie und wollen nicht zu denen in Konkurrenz treten.“